Sigmar Gabriel ist als SPD-Parteivorsitzender in seinem Amt bestätigt worden. 447 Delegiert stimmten für den Amtsinhaber, von insgesamt 488 gültig abgegebenen Stimmen. Das entspricht einer Zustimmung von 91,59 Prozent. Mit „Nein“ stimmten 33, 8 enthielten sich. Damit kann Gabriel auf einer starken Vertrauensbasis die SPD für weitere zwei Jahre führen.
In seiner rund eineinhalbstündigen Rede schwor er zuvor die Partei auf die angestrebte Regierungsübernahme 2013 ein. Dafür, machte der Vorsitzende klar, müsse die SPD aber den nach dem Dresdner Parteitag eingeschlagenen Weg harter Arbeit und Vertrauensaufbau fortsetzen.
In einem kurzen Rückblick erinnerte Gabriel an die Erfolge sozialdemokratischer Regierungspolitik – insbesondere bei der Bewältigung der ersten Finanzkrise seit 2008. Gleichzeitig räumte er Fehler der Partei in der Vergangenheit ein: Bei der Leih- und Zeitarbeit sowie im Niedriglohnsektor. „Nie wieder“, rief Gabriel den Delegierten zu, „darf eine sozialdemokratische Partei den Wert der Arbeit in Frage stellen“ – und sich von den Gewerkschaften entfernen. Erfolge und Fehler habe die Partei aber in den vergangenen zwei Jahren konzentriert aufgearbeitet. Die programmatische Neuausrichtung nach der verlorenen Bundestagswahl erklärte der Parteivorsitzende für abgeschlossen.
Die Neuausrichtung beschrieb Gabriel in der Folge in einer konsequenten Orientierung an den sozialdemokratischen Werten und Überzeugungen – konkret übersetzt in politische Weichenstellungen im Rahmen der Herausforderungen der Zeit.
SPD muss sich „Krise der Demokratie und Zeitenwende“ stellen
So verwies der Parteivorsitzende auf Krise der Demokratie und eine „Zeitenwende“ – beider hervorgerufen durch die Turbulenzen auf den Finanzmärkten, die Schuldenproblematik und vor allem das schlechte Krisenmanagement der Bundesregierung. Schwarz-Gelb habe nicht nur Vertrauen in sich verspielt, sondern in die Politik insgesamt. Die ständigen Kehrtwendungen der Kanzlerin hinterließen „Verdruss und Ratlosigkeit“, stellte Gabriel fest. „Was stört mich mein Geschwätz von gestern.“ Das Zitat ihres Vorgängers im Amt des CDU-Vorsitzenden und im Kanzleramt, Konrad Adenauer, habe sich auch Merkel zu eigen gemacht.
Nun sei es Aufgabe der Sozialdemokratie, neues vertrauen für die Politik insgesamt wieder aufzubauen – und konkrete Antworten auf die Finanz- und Euro-Krise zu geben. „Wir wollen keine ‚marktkonforme Demokratie’“, rief Gabriel unter Verweis auf Merkels Vorstellungen. Die SPD sei vielmehr angetreten, „den außer Kontrolle geratenen Kapitalismus zum zweiten Mal in unserer Geschichte zu bändigen“. Die soziale Marktwirtschaft müsse wieder zur „Marktwirtschaft der kleinen Leute“ werden.
Für die Bändigung der Finanzmärkte strebt der SPD-Chef eine breite Allianz in Deutschland und Europa an: mit den Gewerkschaften, mit Kirchen, Wissenschaft, Verbänden und auch mit Vertretern der Wirtschaft „mit Verantwortung für Mensch und Natur“. „Wirtschaftlicher Erfolg, sozialer Zusammenhalt und ökologische Verantwortung“ sieht er als Leitlinien.
„Europa ist vor allem eine Idee“
Wie gestern Helmut Schmidt gab auch der Parteichef ein leidenschaftliches Plädoyer für ein solidarisches und soziales Europa. Ein einiges Europa sei zwar auch im ureigensten Interesse Deutschlands. Darüber hinaus sei es aber auch mehr als nur ein Markt: „Europa ist vor allem eine Idee vom Zusammenleben der Menschen und Völker.“
In der Grundausrichtung der SPD sieht Gabriel die Partei sowohl als „sozial“ als auch als „liberal“. Denn die FDP habe den Liberalismus ausgezehrt. Rösler habe kein „Lieferproblem“, sondern ein „Produktionsproblem“. Ein „wahrer Liberalismus“, so Gabriel, vertraue weder dem allmächtigen Staat noch einem regellosen Markt“. Es gehe vielmehr um eine „innere, eine Geisteshaltung“.
Scharf kritisierte der SPD-Vorsitzende auch die Schuldenpolitik der Bundesregierung als schwere Hypothek für kommende Generationen. Weil sie die Verbindlichkeiten schultern müssten und auf der anderen Seite nicht ausreichend in ihre Bildung investiert werde. Die SPD will an beiden Stellen umsteuern: mit höheren Steuern für Reiche, um die Verschuldung zurückzuführen und mehr in Bildung investieren zu können.
„Gut gerüstet“ für den Politikwechsel
Das Land sieht Gabriel mit Blick auf 2013 vor einer echten Richtungsentscheidung: für eine Wirtschaft mit Verantwortung, für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit und für sozialen Zusammenhalt – „in Deutschland und Europa“. Dafür sei die SPD – auch durch die aktuellen Beschlüsse des Parteitags – gut gerüstet. „Und dafür“, schloss der Parteivorsitzende, „wollen wir 2013 den Politikwechsel in Deutschland“.
Artikel: SPD / Jan Almstedt
Quelle: SPD